Employer Branding im Fokus: Interview mit Experte Sandro Tresch
Der Wettbewerb um talentierte Fachkräfte ist in der heutigen Geschäftswelt intensiver denn je. Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, sich von der Konkurrenz abzuheben und die besten Mitarbeiter:innen anzuziehen. Sandro Tresch, Spezialist im Bereich Employer Branding, gibt im exklusiven Interview wertvolle Einblicke, wie Unternehmen diese Entwicklung gewinnbringend nutzen können.
«Employer Branding» – Worte, die auch in der Schweiz in aller Munde sind. Was verstehst du als Experte darunter?
Employer Branding umfasst alle Massnahmen, die ein Unternehmen ergreift, um sich als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren. Wie der Name «Branding» bereits erahnen lässt, handelt es sich um den Aufbau und die Vermarktung einer ansprechenden Arbeitgebermarke. Ziel ist es, eine positive Wahrnehmung des Unternehmens für die Umwelt zu schaffen.
Wieso ist Employer Branding heutzutage so wichtig?
Der Arbeitsmarkt ist im Wandel. Treibende Faktoren sind die Digitalisierung und veränderte Ansprüche. Hinzu kommt der Fachkräftemangel in vielen Branchen, insbesondere auch aufgrund der bevorstehenden Pensionierung der Babyboomer-Generation.
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, alle vakanten Stellen zu besetzen. Daher ist es unabdingbar, sich als Arbeitgeber positiv und authentisch auf dem Markt zu präsentieren. Gleichzeitig soll ein Schwerpunkt auf die bestehende Mitarbeiterbindung gelegt werden, um die Fluktuation niedrig zu halten.
Was machen Unternehmen, die eine erfolgreiche Employer-Branding-Strategie verfolgen? Oder eben nicht?
Die Arbeitgebermarke ist ein integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie und ‑kultur. Sie erfordert kontinuierliche Pflege und Unterstützung bis zur obersten Führungsebene, um eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie sicherzustellen. Deshalb ist es wichtig, sich bewusst und ehrlich mit dem eigenen Unternehmen und der Marke auseinanderzusetzen, bevor nach aussen kommuniziert wird.
Authentizität ist entscheidend – stelle niemals etwas dar, was du nicht bist. Darüber hinaus legen Unternehmen mit einer erfolgreichen Arbeitgebermarkenstrategie grossen Wert auf die Zufriedenheit ihrer bestehenden Mitarbeiter:innen. Sie sind das Herzstück und die besten Botschafter:innen für das Unternehmen.
Es wird schnell klar, dass Employer Branding eine umfassende und längerfristige Angelegenheit ist, bei der man schnell den Überblick verliert. Deshalb rate ich, sich professionell beraten und begleiten zu lassen.
Während meiner über 25-jährigen Berufserfahrung habe ich noch nie eine derartige Veränderung auf dem Arbeitsmarkt erlebt. Die Tatsache, dass sich nun Arbeitgebende bei Mitarbeitenden bewerben und nicht umgekehrt, ist für die meisten Unternehmen Neuland.
Was sind die ersten Prozessschritte bei einer Kundenanfrage zu Employer Branding?
Als Erstes vereinbare ich ein Gespräch mit der Kundin oder dem Kunden, um die Herausforderungen des Unternehmens in Erfahrung zu bringen. Ausserdem möchte ich herausfinden, welche Massnahmen bereits ergriffen wurden. Dadurch erhalte ich einen ersten Eindruck und kann so den Handlungsbedarf aufzeigen.
Ausserdem ist es wichtig, ein Verständnis und ein Bewusstsein für Employer Branding zu schaffen. Daher ist es sinnvoll, die Unternehmensführung früh einzubeziehen.
Das weitere Vorgehen ist sehr individuell und hängt vom aktuellen Prozessstand des Unternehmens ab. In der Regel wird ein Workshop mit unseren Vertreter:innen und Partner:innen aus den Fachbereichen Unternehmensberatung, Markenentwicklung/Branding und Kommunikation durchgeführt.
Wie erhalten wir als externe Agentur die notwendigen Informationen?
Durch eigene Recherché können wir vorab einen ersten Einblick gewinnen, insbesondere in die externe Wahrnehmung des Unternehmens. Dabei konzentrieren wir uns hauptsächlich auf die Analyse von Daten und Kommunikationskanälen wie die Webseite, Aktivitäten in sozialen Medien, Bewertungen auf Unternehmensportalen sowie die analoge Präsenz.
Ebenfalls ist eine enge Zusammenarbeit mit den Kund:innen entscheidend, um unternehmensinterne Informationen zu erhalten. Dies erfolgt durch zielgerichtete Workshops. Es gibt aber auch Informationen, die noch nicht bekannt sind und zuerst gemeinsam erarbeitet werden müssen. In solchen Fällen eigenen sich Mitarbeiterumfragen besonders gut.
Wie wird Employer Branding erfolgreich im Unternehmen implementiert?
Nach Abschluss der Analysephase erfolgt die Ausarbeitung und Entwicklung einer konkreten Strategie, bei der Massnahmen, ein Kommunikationskonzept, die Ziele usw. ausgearbeitet werden.
Wichtig ist auch aufzuzeigen, wie das Unternehmen den Erfolg messen kann.Anschliessend wird die Strategie umgesetzt. Hierbei soll das Unternehmen die bestehenden Mitarbeitenden einbeziehen und eine zielgruppengerechte Kommunikation verfolgen.
Was fasziniert dich an diesem Thema
Während meiner über 25-jährigen Berufserfahrung habe ich noch nie eine derartige Veränderung auf dem Arbeitsmarkt erlebt. Die Tatsache, dass sich nun Arbeitgebende bei Mitarbeitenden bewerben und nicht umgekehrt, ist für die meisten Unternehmen Neuland. Es ist unglaublich spannend und motivierend, Lösungen für solche Herausforderungen zu erarbeiten und die Kundinnen und Kunden dabei zu unterstützen.
Was denkst du, wie wird sich das Thema in den kommenden Jahren entwickeln?
Ich bin überzeugt, dass Employer Branding in den kommenden Jahren noch weiter an Bedeutung gewinnen wird. Der Wettbewerb um talentierte Mitarbeitende nimmt in vielen Branchen zu. Unternehmen müssen ihre Arbeitgebermarke stärken und ein attraktives Umfeld schaffen, um qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber anzuziehen und zu binden.
Die fortschreitende Digitalisierung führt dazu, dass Unternehmen vermehrt digitale Kommunikationskanäle für die Interaktion mit potenziellen Bewerber:innen nutzen. Dabei dürfen die sich ändernden Bedürfnisse an das Arbeitsumfeld nicht vernachlässigt werden. Für die jüngeren Generationen sind Themen wie Nachhaltigkeit, Identifikation und Sinnhaftigkeit von grosser Bedeutung. Unternehmen, die diese Anliegen ernst nehmen und erfolgreich kommunizieren, können bei Mitarbeitenden und potenziellen Bewerber:innen punkten.