Im Bin­nen­land entste­hen die Design-Strate­gien für gute Corporate-Schriften

HI B Innenland WIP Burkhalter Font
Autor
Daniel Klauser
Daniel Klauser
Cre­ative Director

Im Zuge der Fusion von Burkhal­ter und Poen­i­na hat HI Schweiz ein Multi­brandsys­tem für 90 Unternehmen erar­beit­et. In diesem Zusam­men­hang ist auf der Ebene der visuellen Kom­mu­nika­tion das Bedürf­nis nach ein­er gemein­samen Erkennbarkeit und typografis­chen Sprache ent­standen. Die Agen­tur hat in Zusam­me­nar­beit mit den Type­design­ern und Schrift­spezial­is­ten von «Bin­nen­land» eine Cor­po­rate Type­face für die gesamte Burkhal­ter Gruppe erar­beit­et. Diese wird ab 2024 stufen­weise in allen Unternehmens­bere­ichen imple­men­tiert. Im Gespräch mit Dani Klauser, Cre­ative Direc­tor bei HI Schweiz, geben Mika Mis­chler und Nik Thoe­nen Ein­blick in die Entwicklung.

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Wie seid ihr zum Type­design gekom­men? Wieso inter­essiert ihr euch im Bere­ich der visuellen Kom­mu­nika­tion für Schriften und Schriftsysteme?

Wir haben bei­de die Schule für Gestal­tung in Biel besucht. Erst einige Jahre nach unserem Abschluss haben wir durch eine Arbeit an ein­er Pub­lika­tion über Typografie unser starkes gemein­sames Inter­esse und Ver­ständ­nis für Schrift­gestal­tung ent­deckt. Typografie war immer ein zen­trales The­ma, auch bere­its früher bei unseren grafis­chen Gestal­tungsar­beit­en. Damals sind die ersten Schrif­ten­twürfe ent­standen. Diese waren ganz rudi­men­tär und nur für ein gezieltes Pro­dukt gedacht, wur­den aber später zum Teil zu einem wirk­lichen Schrift­satz ausgebaut.


Wie ist eure Herange­hensweise bei den Typedesign-Projekten?

Die Herange­hensweise ist je nach Pro­jekt unter­schiedlich. Uns fällt immer wieder auf, dass die Suche nach ein­er Idee oder die Inten­tion zen­trale Aspek­te bei der Erar­beitung ein­er Schrift sind. Manch­mal ist diese Vorstel­lung schon zu Beginn ganz klar vorhan­den, manch­mal entwick­elt und ver­tieft sich diese über die Recher­ché oder den Arbeit­sprozess. Es ist eine Art Aktivierung für eine ziel­gerichtete Aufmerk­samkeit und schärft unser Bewusst­sein dazu, welche Eige­narten wir bei ein­er entste­hen­den Schrift ver­fol­gen wollen – aber natür­lich ist das auch für viele Entschei­dun­gen während des Gestal­tung­sprozess­es hilfreich.


Was macht eur­er Mei­n­ung nach eine gute Cor­po­rate Type­face aus?

Wenn die Schrift in ihrem Charak­ter das Unternehmen wider­spiegelt, sich in dem Cor­po­rate Design inte­gri­ert und sie in den unter­schiedlichen Medi­en als Infor­ma­tion­sträger funk­tion­iert.
Zudem empfind­en wir die Detail­mo­mente ein­er Schrift als sehr wichtig. Sie müssen überzeu­gen und in ein­er gewis­sen Weise raf­finiert gelöst sein. Natür­lich sind auch die zur Ver­fü­gung ste­hen­den Schriftschnitte mass­ge­blich, die auf das typografis­che Konzept abges­timmt sind.

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Was ist beson­ders speziell an der Burkhal­ter Type­face? Wie habt ihr die Burkhal­ter Type­face erarbeitet?

Die Zusam­me­nar­beit mit HI Schweiz und dem Kun­den sehen wir als zen­tralen Moment bei der Erar­beitung der Type­face. Es geht hier nicht darum, eine eigene indi­vidu­elle Vision für eine Schrift zu entwick­eln, son­dern über den Ver­bund der beteiligten Per­so­n­en und den Aus­tausch das einz­u­fan­gen, was für das Unternehmen das Richtige ist. Wir als Type­design­er sind nur ein Puz­zleteil und ver­suchen, unsere Exper­tise aus der Sicht der Funk­tion des Schrift­pro­duk­ts einzubrin­gen. Das heisst, unsere Empfehlun­gen zie­len immer auf die Les­barkeit und eine bre­it ein­set­zbare Schrift ab. Alles andere würde sich für die spätere Nutzung als schwierig erweisen.

Bezo­gen auf die Burkhal­ter-Schrift war es die Reak­tion auf eine beste­hende Sit­u­a­tion, die wir analysierten, um dadurch die ver­schiede­nen Möglichkeit­en abzuwä­gen. Während dieses Prozess­es stellte sich immer wieder die Frage, wie weit wir uns von Gegeben­heit­en ent­fer­nen kön­nen, damit die Ref­erenz doch weit­er­hin visuell spür­bar bleibt. Dies war für uns eine reizvolle gestal­ter­ische Sit­u­a­tion. Die Unter­suchun­gen waren sehr for­mal: Zum Beispiel stellte sich die Frage, wie human­is­tis­che For­men neu inter­pretiert wer­den kön­nen, um einen indi­vidu­ellen Charak­ter der Schrift zu erre­ichen. Das ist ein sehr enges Spielfeld, von dem wir hier sprechen. Es zeigt sich beispiel­sweise, wie offen eine Abschluss- oder Ein­lauf­form gestal­tet ist oder wie dynamisch die Schriftze­ichen geze­ich­net sind. Und nicht zulet­zt waren es die Unter­suchun­gen mit den unter­schiedlichen Zeichen­bre­it­en, die vorgenom­men wer­den mussten, um einen stim­mi­gen Rhyth­mus zu find­en. Das ist ein wichtiger Bestandteil von der Art und Weise, wie sich die gewün­schte Anmu­tung im späteren Schrift­bild wider­spiegelt.

In Bezug auf die Arbeitsweise war es so, dass wir in diesem Pro­jekt auss­chliesslich dig­i­tal gear­beit­et haben. Die Skizze diente lediglich als Aus­tauschgrund­lage von Ideen und zum Fes­thal­ten von Kor­rek­turen oder Besproch­en­em. Diese dig­i­tale Arbeitsweise war für uns die Verbindung zur tech­nis­chen Kom­po­nente von Burkhalter.

Beru­flich seid ihr zu zweit unter­wegs. Wie funk­tion­iert bei euch die Tea­mar­beit, wenn ihr an ein­er Schrift arbeit­et? Habt ihr unter­schiedliche Rollen?

Nach all den Jahren gibt es schon so was wie Rol­len­verteilun­gen, aber wir haben diese nie definiert oder beschlossen. Unser Arbeit­sprozess ist offen gestal­tet. Wir ken­nen bei­de die jew­eili­gen Stärken oder Schwächen des anderen. Immer wieder sind wir pos­i­tiv über­rascht, wenn wir das Mate­r­i­al untere­inan­der aus­tauschen, was jeden­falls im Entwurf­sprozess bei Entschei­dun­gen weit­er­helfen kann.

Wie arbeit­et ihr mit euren Kun­den zusam­men? Worauf achtet ihr besonders?

Wir ver­suchen immer, den Kun­den in den Prozess miteinzubeziehen. So war es bei Burkhal­ter und auch bei den anderen Cus­tom-Pro­jek­ten. Nach inten­sivem Aus­tausch ziehen wir uns oft ins Bin­nen­land zurück, um dort unter­schiedliche Design-Strate­gien für die Schrift zu entwick­eln. Diese wer­den dann wert­frei wieder dem Kun­den vorgestellt, um einen weit­eren Diskurs ein­leit­en zu kön­nen. Oft hil­ft es, über visuell vor­liegen­des Mate­r­i­al zu sprechen, da Vorstel­lun­gen von ein­er Sache unter­schiedlich sein kön­nen.

Wir ver­ste­hen uns als wichtiger Teil bei der Erar­beitung ein­er neuen Posi­tion­ierung und Design-Strate­gie für ein Unternehmen. Die Schrift stellt ein zen­trales Ele­ment der visuellen Kom­mu­nika­tion sowie des Cor­po­rate Designs dar. Je früher wir mitein­be­zo­gen wer­den, desto bess­er kön­nen wir Möglichkeit­en aufzeigen, an die vielle­icht nicht gedacht wur­den. Ausser­dem kön­nen wir ein Gespür dafür entwick­eln, was das für den Charak­ter der Schrift bedeuten könnte.

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